Mister Music: Der Partner für Entertainer

StrategiePreisträger Reinhold Hettich über sein Erfolgskonzept...

..Mit 23 Jahren gründete Reinhold Hettich mit 5000 DM Kapital "Mister Music" - einen Instrumentenhandel. Durch konsequente Anwendung der EKS fand er während der Wettbewerb in der Krise steckte - eine ungewöhnliche und vernachlässigte Zielgruppe. Heute ist er Marktführer in Baden-Württemberg. Für seine Erfolge wurde Reinhold Hettich mit dem Strategiepreis 2006 ausgezeichnet.

Aus dem einstigen Ein-Mann-Betrieb ist ein mittelgroßes Unternehmen geworden. Auf 1000 qm Fläche arbeiten heute 18 Mitarbeiter, die Räumlichkeiten gehören dem Unternehmen. Aber wie konnte "Mister Music" trotz der großen Veränderung in der Branche so erfolgreich sein? Digitale Technik mit DJ Kultur und das Internet machten uns ganz schön zu schaffen. 2002 befand sich das Unternehmen in einer kritischen Situation. Auch wenn der Umsatz noch stabil blieb, die Nachfrage nach Instrumenten ging eindeutig zurück. Also sahen wir uns gezwungen, die Preise zu senken. Schließlich gab es vor allem im Internet zahlreiche Anbieter, die billigere Produkte verkauften und nur auf schnellen Absatz aus waren.

In dieser Zeit begegnete mir in Büchern immer wieder die EKS, Und erstaunlicherweise wurde sie immer von Praktikern angewendet. Dies bewog mich, den EKS-Kurs zu machen. Ich lernte also, die Sprache des Kunden zu sprechen und mir meiner Stärken bewusst zu werden.

Stärkenanalyse
Da ich selbst lange Zeit Musiker war, wie die meisten meiner Mitarbeiter, hatten wir schon immer ein besonders gutes Verhältnis zu diesen Kunden. Eine weitere Stärke von Mister Music sind die Mitarbeiter. Motiviert und hilfsbereit sorgen sie dafür, dass unsere Kunden sich wohlfühlen. Und durch die eigenen Erfahrungen wissen sie nicht nur theoretisch

Wir haben uns verzettelt! Unser Hang zur Diversifikation hatte uns in den aussichtlosen Preiskampf getrieben.

Bescheid, sie kennen sich auch in der Musikerpraxis aus, was sicherlich zu unserem guten Ruf beiträgt. Weitere Stärken sind ein großes, gut erreichbares Ladengeschäft mit zahlreichen Parkplätzen und unser guter Ruf bei Lieferanten und Banken. Meine persönlichen Stärken liegen eindeutig in der Kommunikation, ich liebe den Umgang mit Kunden und Mitarbeitern. Außerdem beschäftige ich mich gern mit Marketingaufgaben.

Konzentration auf eine Zielgruppe
Im Januar 2002 erkannte ich, dass ich handeln musste. Zwar waren wir mit Mister Music schon auf dem richtigen Weg. Aber wir gingen nicht konsequent genug vor. Erst listete ich alle Haupt- und Unterzielgruppen auf. Dann wählte ich eine Zielgruppe aus: Die Tanz- und Unterhaltungsmusiker. Das sind Musiker, die semiprofessionell vor Publikum auftreten. Bei uns im Schwarzwald ist diese Zielgruppe sehr groß. Die Musiker werden von Privatpersonen für Hochzeiten oder Geburtstage gebucht, aber auch von Hotels engagiert.

Diese Musiker sind fast immer bereit, neue Instrumente anzuschaffen. Somit ist eine relativ starke Kaufkraft vorhanden. 80% unserer Hauptzielgruppe sind über 40 Jahre alt und kaufen sehr serviceorientiert. Gegenüber Innovationen sind sie aufgeschlossen. Wir hatten bereits seit vielen Jahren ein gutes und vor allem persönliches Verhältnis zu vielen dieser Musiker. Auch 2002 machten wir die Hälfte des Umsatzes durch sie. Es war mir klar: Hier lag unsere Chance. DJs oder Profi-Studios mussten viel aufwändiger betreut werden, brachten dabei wenig Umsatz und noch weniger Rendite. Wollten wir erfolgreich sein, so mussten wir uns auf eine Zielgruppe konzentrieren. Was haben wir dann bisher falsch gemacht? - Wir haben uns verzettelt! Man könnte sagen, unser Hang zur Diversifikation hatte uns in den aussichtiosen Preiskampf getrieben. Gemäß dem Motto: „Viele Zielgruppen bringen automatisch auch mehr Umsatz" haben wir viel zu viele unterschiedliche Kundengruppen berücksichtigt. Doch für die waren wir dann auch nur halbherzig da.

Maßnahmen konsequenter Ausrichtung
Im Team haben wir über diese Konzentrationsprozesse oft gesprochen, so wurden auch meine eigenen, bereits gewonnenen EKS-Erkenntnisse bestätigt.
Unsere Pläne:

a) Zielgruppen wie z.B. der DJ, Profi-Studiokunde oder auch der Beschaller werden Schritt für Schritt aufgegeben. Begonnen wurde mit der Zielgruppe DJ.

b) Wir wollen die Zielgruppe "Tanz- und Unterhaltungsmusiker" konsequent ausbauen. Der gesamte Positionierungsprozess konzentriert sich ab sofort hierauf.

c) Wir gründen eine „Kunden Know-how Gruppe" um genau zu erfahren, wo die Engpässe bei unseren Kunden liegen.

d) Wir konzentrieren uns auch im Unternehmen. Von der Präsentation bis zur Denkweise der Mitarbeiter wird alles auf die neue, kundenorientierte Philosophie eingestellt.

e) Wir übergeben die rentablen Abteilungen „Gitarre & Bass" und "Schlagzeug" mittelfristig den Abteilungsleitern. Das soll in Form eines Franchisemodells geschehen.

Bereits 1998 wurde die Abteilung „Blasinstrumente" ausgegliedert und hat sich seither hervorragend entwickelt. Die neuen „Profit-Centres" bleiben unter dem Mister Music-Dach. Damit behalten wir unsere regionale Marktstellung als Komplett-Anbieter, und kein Mitarbeiter muss um seinen Arbeitsplatz fürchten. Ganz im Gegenteil: Das Team wurde nach

Durch eine „Kunden Know-how Gruppe" wollte ich den Dialog mit einigen Referenzkunden intensivieren.

und nach noch verstärkt! Mit dieser Lösung hatten die verbleibenden Mitarbeiter und ich selbst nun wirklich den Kopf frei, Wir konnten uns voll auf unsere Hauptzielgruppe konzentrieren.

Brennendes Problem der Zielgruppe
Als Händler sprechen wir natürlich täglich mit unseren Kunden. Doch für die neue Strategie wollte ich diesen Dialog mit einigen Referenzkunden intensivieren. Ich gründete mit 14 Kunden die „Mister Music Know-how Gruppe". Im Oktober 2002 trafen wir uns. Die Teilnehmer waren von der Idee begeistert. Dass sich jemand intensiv um ihre Probleme kümmerte, überzeugte sie. Sie waren mit Feuereifer dabei. Im täglichen Geschäft findet eher Small Talk statt, hier forschten wir in einem dreistündigen Meeting konkret nach den wahren Problemen. So konnten wir viel tiefer in das Thema eindringen. Alle Probleme wurden erfasst und dann nach ihrer Dringlichkeit bewertet. Vier Wochen später trafen wir uns noch einmal. Wo lag der größte Engpass? Nun: „Nur gute Musik ist zu wenig!"

Wir waren verblüfft! Hatten wir zuvor angenommen, dass die Musiker vor allem technische Hilfe brauchen würden, so stellte sich heraus: Dies war nicht der Fall. Alle Instrumente, die Elektronik etc. waren besser als gut genug. Und für Fragen bei der Bedienung waren wir schon längst die ersten Ansprechpartner. Doch die Musiker konnten ihr Publikum nicht mehr so leicht zufrieden stellen wie früher. Von Tanzmusikern erwartet man heute nicht nur gute Musik. Wie unterhalte ich mein Publikum? Wie schaffe ich es, die Zuhörer zu begeistern und in die richtige Stimmung zu bringen? Unsere Zielgruppe musste „menschliche" Fragen lösen. Auch ein zweiter Engpass wurde deutlich: Viele Musiker haben keine Gesangsausbildung. Sie werden schnell heiser, sprechen englische Titel falsch aus oder interpretieren die Lieder nicht.

Engpass: Veränderte Marktbedingungen
Da auch in der Hotelbranche die Umsätze zurück gingen, versuchten die größten Auftraggeber der Musiker zu sparen. Bei Feiern legte eben der Azubi als DJ auf und auch in den Vereinen fand sich meist jemand, der den Live-Musiker ersetzen konnte. Hinzu kam, dass dank der heute gebotenen Technik viele ihr Glück als Musiker versuchen wollen. Manch einer hat erkannt, dass sich mit relativ wenig Mitteln kurzfristig gut Geld verdienen lässt. Der Schwerpunkt lag mehr auf dem Einsatz von Technik als den eigenen musikalischen Qualitäten. Hier wurden erhebliche Flurschäden angerichtet, welche sich negativ auf das Image des Tanzmusikers auswirkten.

Erste Lösungsansätze
Die Technik ist keine Hilfe für Unbegabte. Im Gegenteil: Je mehr Technik im Einsatz ist, desto wichtiger ist das handwerkliche Können. Und dieses muss dem Publikum auch gezeigt werden. Wir mussten den Tanzmusikern deutlich sagen: Hebt euch von den anderen ab! Vielen ist nicht klar, dass das Publikum den Musiker spielen sehen möchte. Das ist ihr Vorteil gegenüber dem DJ, der sich in den letzten Jahren zur stärksten Konkurrenz entwickelt hat. Da die meisten Tanzmusiker als Hauptinstrument das Keyboard spielen, kann handwerkliches Können vor allem durch den Einsatz eines Zweitinstrumentes (z.B. Akkordeon oder Gitarre) demonstriert werden.

Solche Tipps geben wir in regelmäßigen Mailings an unsere Kunden weiter. Außerdem schreiben wir dort auch über die Wünsche, Bedürfnisse und Probleme der Veranstalter. So informieren wir unsere Kunden über deren Kunden. Natürlich ist das auch ein Thema bei den Veranstaltungen von Mister Music. Wie sah nun unsere Problemlösung aus? Heute gibt es für jedes denkbare Fach eine Ausbildung. Doch nicht für Tanzmusiker. Ein einziges Institut (in München) bietet eine Weiterbildung für diese Musiker an. Auch im Selbststudium zu lernen, ist fast unmöglich: Es gibt bloß wenige Fachbücher zum Thema "Entertainment".

Innovation: Die Entertainer Akademie
Unsere Idee: Die Gründung einer Entertainer Akademie. Dazu hatten wir erst mal einen Engpass zu überwinden: Wir mussten geeignete Lehrer (Coaches) finden. Verschiedene Lehrer wurden eingeladen, mit „Probe-Schülern" aus der „Know-how Gruppe" Workshops zu veranstalten. Mit Hilfe einer Checkliste, welche immer wieder optimiert wurde, konnten wir mit der Zeit erkennen, wer für diesen Job geeignet oder nicht geeignet war. Unsere Suche nach den Richtigen hat sich gelohnt: Von Anfang an hatten die Kurse eine hervorragende Qualität. Noch heute arbeiten wir mit diesen Lehrern erfolgreich zusammen. Im Frühjahr 2003 startete die Werbung für die "Entertainer Akademie" und im Herbst fanden die ersten Kurse statt.

Die Resonanz war sehr erfreulich, sämtliche Kursmodule waren nach vier Wochen ausgebucht - auch die teureren Wochenendkurse. Für die Organisation der Akademie blieb wenig Zeit neben dem

Die führende Fachzeitschrift der Branche war von unserem Konzept begeistert und richtete eine Rubrik für uns ein.

hektischen Tagesgeschäft. Für diese Aufgabe konnten wir eine Musikerin aus der „Know-how Gruppe" gewinnen. Pro Kurs bekommt sie eine Pauschale, die wir bereits im Vorfeld einkalkulieren. Apropos Kalkulation: Die Organisation und Durchführung solcher Kurse war für uns Neuland. Wir haben uns somit entschlossen, zunächst nur die tatsächlich entstehenden Kosten zu berechnen. Damit die Kurse immer auf dem hohen Niveau bleiben, bekommen unsere Teilnehmer nach jedem Kurs einen Fragebogen, der uns hilft, die Qualität zu überprüfen. Unsere Akademie war zwar einzigartig in Deutschland, doch noch wussten die wenigsten davon. Außer unseren bereits vorhandenen Adressen (ca. 700 aus dem Mister Music Geschäft) wollten wir überregional werben. Schießlich war unsere Akademie die einzige ihrer Art.

Kooperation mit Multiplikatoren
Die „Tastenwelt" ist eine Fachzeitschrift mit nahezu 100% Marktanteil. Wir stellten unser Konzept hier vor und die Redaktion war begeistert. Seit dem Erscheinen dort regelmäßig Berichte über die Entertainer Akademie, die Kurstermine werden veröffentlicht und bald startet eine Weiterbildungsreihe, die von unseren Coaches geschrieben wird. Nun hatten wir fast 300 Musiker aus nah und fern weitergebildet. Es stellte sich auch die Frage der Multiplikationsmöglichkeit dieses Konzepts. Vor allem für die Musiker aus anderen Bundesländern war die weite Anreise ein Hindernis. Seit dem letzten Jahr kooperieren wir mit einem großen Musikhaus in Walldorf. Diese Kooperation ist ein Testmodell und soll in Kürze weiteren aktiven Händlern angeboten werden. Dabei werden nach

Der nächste Schritt für Mister Music wird eine „Denkzentrale für Tanzmusiker" sein.

Möglichkeit unsere Coaches eingesetzt. Eine Weiterbildungsmaßnahme für externe Coaches ist ebenfalls in Planung. Ebenso testen wir derzeit mit einem Kooperationspartner in Waldshut-Tiengen (an der Schweizer Grenze) ein „Mister Music Entertainer Shop", der als Franchise angeboten werden soll. Ein aktiver Gedankenaustausch findet mit Carl F. Hartmuth statt, er betreibt ein Weiterbildungsinstitut und ist Autor. Seine Bücher beschäftigen sich mit Entertainment und Live Musik.

Soziales Grundbedürfnis Live Music
Unsere Aktion „Pro Live", mit der wir für Live Musik als solche werben, soll unserer Zielgruppe noch stärker helfen. Ein einzelner Musiker wird schwerlich das Image seiner Branche aufpolieren können. In Gesprächen, Mailings und auf unserer Homepage versuchen wir gegenüber den Veranstaltern die Vorteile des Live Musikers herauszustellen und das Image der Branche zu verbessern. Wir bilden also eine Lobby für unsere Zielgruppe und erhöhen so die Nachfrage. Auf unserer Homepage wurde eine Plattform eingerichtet, wo sich alle Alleinunterhalter und Bands kostenlos präsentieren können. Auch hier werden die Vorteile „Pro Live" verdeutlicht. Oft hören wir dann von Veranstaltern: „Ich wusste gar nicht, dass es so viele verschiedene Musiker gibt". Für unsere Musiker gibt es ein Forum, in dem sie zum Beispiel Doppeltermine tauschen können oder sich freie Termine mitteilen.
Und noch etwas unterscheidet uns von den meisten Händlern: Wir bieten an, alte Instrumente in Zahlung zu nehmen. Was im Autohaus eine Selbstverständlichkeit ist, ist in unserer Branche eine Seltenheit. Da wir das Modell der Inzahlungnahme bundesweit bewerben, konnten wir viele Neukunden gewinnen, die schnell Stammkunden wurden. Und die Gebrauchtprodukte machen uns auch im Internet wettbewerbsfähig. Und wir entwickelten ein neues Produkt für Live Musiker: Einen Bühnenhintergrund, der flexibel und bezahlbar ist. Viele Kunden beklagten sich in den Treffen, dass es bloß teure und aufwändige Hintergründe gebe. In Kooperation mit einer Näherin am Ort stellten wir eine Lösung her.

Auf dem Weg zur Denkzentrale
Im Team haben wir dann Anfang letzten Jahres die „Spannungsbilanz" eingeführt. In regelmäßigen Treffen untersuchen wir unsere wichtigen Erfolgsparameter (Zuwachs von Stammkunden, Empfehlungen, Problemlösungskompetenz, Servicequalität, Umsatz und die Stimmung im Team). Diese Parameter überprüfen wir jährlich. Wir benutzen Kärtchen im Geschäft, um sofort notieren zu können, was Kunden melden oder welche Veränderungen vor sich gehen. So bleiben wir auf dem Laufenden. Der nächste Schritt für Mister Music wird eine „Denkzentrale für Tanzmusiker" sein. Dort fassen wir dann die Ergebnisse der Spannungsbilanz und der Know-how-Gruppentreffen zusammen.

Ich bin begeisterter Musiker. Seit 20 Jahren verkaufe ich Instrumente. In dieser Zeit hat sich viel verändert, trotzdem ist das Bedürfnis des Musikers das gleiche geblieben: Er möchte beim Publikum „ankommen". Und hierin will ich ihn unterstützen. Unsere Kunden wissen, dass wir voll und ganz für sie da sind.

Kontakt
Reinhold Hettich - Mister Music GmbH
Brambach 29,
78713 Schramberg-Sulgen
Tel (07422) 99 10-32
info@mistermuslc. de
www.mistermusic. de

Quelle: www.strategie.net  [StrategieJournal (02-06)]